Ein Wort, das irgendwie einen schlechten Ruf vermittelt. Ich bin Call-Center-Agent bei einem Subunternehmer, der für einen der weltgrößten Kommunikationsdienstleister arbeitet. Eingestellt worden bin ich für den technischen Support.
Anfangs war ich völlig stolz. Mittlerweile habe ich gelernt, das ich weder flexibel nocht stressresitent bin.
Am Anfang hörte sich alles fürchterlich gut an. Flexible Arbeitszeiten. Damit war nicht gemeint, das ich Hoppchen mache, sondern dass auch Hobbies wie „Einmal in der Woche Sport “ im Dienstplan mit eingeplant werden könnten. 5-Tage-Woche mit Schichtschema. Eine Woche früh, eine spät.
Worst Case waren bei mir einmal 11 Tage am Stück, mittlerweile lebe ich mit 6-Tage-Wochen. Ursprünglich sollte ich in der Frühschicht sechs Tage machen, in der Spätschicht fünf. Das klappte auch ganz gut. Drei Wochen ohne Probleme und von dann an immer wieder hin zum direkten Vorgesetzten, um das Schichtschema wieder in Ordnung zu bringen.
Bei der Einstellung hieß es, sonntags werde nur freiwillig gearbeitet. Aber mittlerweile ist der Sonntag ein normaler Arbeitstag ohne Zuschläge. Genauso die Spätschicht. Keine Zuschläge. In den neuen Verträgen sind die nicht mehr drin. In meinem auch nicht. Wenn man eh die Ansage hat, das da nur freiwillig gearbeitet wird, dann hat das auch keine Relefvanz.
Da guckst Du in Deinen Dienstplan und stellst fest, das Du samstag um 16:30 Uhr kommen sollst. Bist früher da, eine halbe Stunde, um genau zu sein. Meldest Dich also früher im System an und bekommst die Rückmeldung, Du seist zu spät, um drei Minuten, um genau zu sein, weil jemand, als Du Freitag frei hattest, mal eben Deinen Dienstplan geändert hat. Nein, von außen drauf zu greifen, also außerhalb der Firma, das geht nicht.
Bevor Lissabon gebucht worden ist, habe ich gefragt, ob ich da Urlaub nehmen kann. Ich brauchte eine verbindliche Zusage. Und dann stellte ich am Ende des alten Jahres fest, das ich keinen Urlaub hatte, sondern Spätschicht. Ja, ich hab geweint. Wollte ich nicht, aber ich habs. Bevor ich nach Lissabon gefahren bin, habe ich den Samstag vor dem Abllug noch genutzt und wollte meine Schicht für nach Lissabon klären. Schichtschema: Spätschicht. Kein Ja, kein Nein. Also keine Antwort, also Spätschicht. Sonntags nach der Reise rufe ich an und will fragen, ob ich eine Stunde früher oder später anfangen soll und erfahre, daß ich Frühschicht habe.
Dann drucke ich mir mein Jahresarbeitszeitkonto aus und stelle fest, das der Schulungskurs am Beginn meiner Arbeit dort als Minusstunden eingetragen worden ist und ich -1 Urlaubstage habe und mir somit nicht nur nicht möglich ist, mich wie alle anderen in der Urlaubsplanung einzutragen, sondern mein Lissabon auch noch von meinem Jahresarbeitszeitkonto abgezogen worden ist. Und weiter erfahre ich, dass Änderungen im Jahresarbeitszeitkonto nur noch bis zum 10. eines Monats vorgenommen werden können, was wiederrum heißt, das diese Minusstunden bleiben.
Noch ein Beispiel: Minimi war krank. Ihr platzte ein Trommelfell. Ich also zum Doc. Das Kind sollte nach drei Wochen kommen und einen Hörtest machen. Ich vorn an den Thresen des Kinderartztes mit den Damen, meine Schicht ausgerechnet und Termin gemacht. Und was sagte mein Dienstplan für die Woche? Genau die Gegenschicht eingetragen. Ich habe das also ändern lassen. Und hatte nach der nagelneuen Planung am Sonntag vor Beginn der betreffenden Woche dann den kommenden Montag frei. Soweit so gut. Ich ausgedruckt. Eigentlich sollte ich morgens anrufen, ob ich kommen solle, aber ich dachte mir: Nö. Steht frei drin, nehm ich frei. Dienstag komme ich zur Arbeiit und für Montag steht „Fehlt unentschuldigt.“.
Nach dem Urlaub zwei sechs Tage Wochen. Ein freier Tag in der Woche. Das ist dann mein Haushaltstag und reicht mir nicht zu Erholung.
Ein Kollege von mir druckte sich seinen Dienstplan für die nächste Woche aus und hatte danach freitag frei. Abends ging er nach Hause und machte für den Freitag Termine. Am nächsten Tag guckte er in seinen Dienstplan und hatte Freitag nicht mehr frei. Er ging zum Vorgesetzten, der teilte das der Dienstplanung mit und zack, bekam der Kollege einen freien Donnerstag. Passt doch, oder? Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es komisch.
Ich habe gerlernt, warum der Arbeitgeber elf Stunden zwischen zwei Schichten eingeplant hat. Ich bin mal früher los, 10,5 Stunden lagen dazwischen…..von Spät auf Früh. Ich war sowas von im Arsch…..
Schlimm fand ich den Satz, den ich dort auch hörte, als ich auf den Arbeitsvertrag verwies: “ Ist doch nur der Vertrag, das sagt doch gar nichts.“
Ich soll jetzt mit Verträge verkaufen. Ich bin da nicht gut, aber die Kontrolle zeigt es auch. Wenn wir Kollegen über einem Bildschirm gemeinsam Messungen auswerten oder bestimmte technische Auffälligkeiten besprechen, kann man sich sicher sein, es kommt ein Vorgesetzter, der das Gespräch unterbricht und fragt, worüber wir reden und uns dann einen Vortrag über den technischen Hintergrund hält.
Nun habe ich die Möglichkeit bekommen, in einem neuen Projekt mitzuarbeiten. Im Akkord Anrufe, aber dafür die Wochenenden frei. Ich woltle das gern mit zuhause besprechen, das kam nicht gut an. Wir alle mussten das sofort entscheiden.
Wie gesagt, ich bin weder flexibel noch stressresistent….Und ich bin mal gespannt auf meine Zahlen, denn uns wird jetzt die Produktivität ausgerechnet. Da kriegt man dann Zahlen vorgelegt. Die dazugehörige Formel fehlt. Eine Kollegin,die nicht produktiv genug ist, musste einen Tag zwischen drei Vorgesetzten sitzen und alles aufschreiben, was sie den ganzen Tag tat. Wir hatten uns schon darauf geneinigt, uns am nächsten Tag dort auch hin zu setzen, in die Eselecke. Und auch alles minutengenau aufzuschreiben: 10:02 -10:06 Toilette _ Kacken bei guter Konsistenz. Aber man hat sich entschieden, es wohl doch bei einem Tag zu belassen.
Ich möchte mal Jerry Lewis zitieren:
„Wie soll jemand mehr von einem halten als man selbst von sich hält. Wo man sich selber doch schon so lange kennt….“ Und wie man sieht: Es ist nicht die Arbeit an sich, die den Stress macht, es ist das drum rum. Wir haben keine Bildschirmplatzgesetz_Pausen, weil wir arbeiten nur den ganzen Tag am Computer, nicht an einem Bildschirm. Außerdem können wir ja zwischendrin aus dem Fenster gucken, die gibt es ja bei uns auch. ( Das ist O-Ton.)
Selbst im horizontalen Gewerbe kann man nur eine gewisse Zeit über die Damen und Herren frei verfügen und auch da muss man vorher Bescheid sagen, wenn ich so frei verfügbar sein wollte, dann würde ich garantiert mehr als 7,50 Euro brutto nehmen. Im Übrigen ist uns schon mitgeteilt worden, das das Unternehmen den Mindestlohn derzeit nicht zahlen kann und darüber nachgedacht wird, die Arbeit ins Ausland zu verlagern. Rumänien, die Türkei und auch so ne Insel is im Gespräch. Aber eins sag ich Euch: Ich fahr nich jeden Tag nache Türkei und zürück für zum Arbeiten.