Was für Leute!

Es ist Sonntag, wir haben grade warm gegessen. Ich hänge Wäsche im Hof ab, als mich klein E. holt.
Ich solle mal kommen, da stehe eine Frau vor der Tür, sie wolle mich sprechen.

Ich also zur Tür, weil ich hoffe, das jemand von Elke was gehört hat. Nee, geht nicht um Elke, geht um Felix, unsere Draußenkatze, die schon immer Draußen wohnt und jetzt in die Jahre gekommen ist. Dürre, rupfig, ohne Zähne und wie jede anständige Draußenkatze zig weitere Futterstellen.

Die Frau vor der Tür stellt sich nicht vor, sie fragt nur, ob ich mich dran erinnere, das sie Fotos von Felix im letzten Jahr gebracht habe. Ja, kann ich, habe ich schon damals nicht verstanden.
Und jetzt sei sie ja da, weil die Nachbarin sich Sorgen mache.
Aha.
Ja, weil der Felix so sabbere.
Aha. Der ist alt, näh?
Ja, aber die Nachbarin hat sie halt gefragt, ob der krank ist.
Aha. Der hat keine Zähne mehr und bei lecker Essen sabbern alle.
Ja, ob der krank ist.
Nee, ich habe zwar viele Kinder und viele Tiere, aber deswegen ist der nicht krank. Der ist alt.

Sie fängt an, von ihrer Katze zu erzählen. Sie hat ja auch eine…
Schön. Ich muss rein, ich habe morgen Schicht.
Tür zu.

Jetzt ist es langsam wirklich gut. Erst füttern sie ihn an, um mich dann anzusprechen, ob der nicht gefüttert wird, und jetzt das. Es reicht, Freunde, aber voll und ganz!

Wunder passieren nur einmal.

Das stand auf dem Zettel, den ich auf den Herd gelegt habe, bevor ich nachts schlafen ging. Auf den Herd lege ich immer alle Mitteilungen während der Spätschichtwoche.
Donnerstag kam ich nachts von der Spätschicht und die Wintergartentür stand auf.
C. rannte durch die Küche in den Wintergarten.
„Gott sei Dank, Lutz ist noch da!“

Lutz schon, aber Elke ist weg. Einfach weg. Raus aus der Tür. Meine Mutter war abends da, auf Elkes Platz auf dem Schreibtisch lag irgendwelcher Kram, den sie mir mitgebracht hatte, nur kein Elke.

Von Wütend bis traurig…alles durch.
Wie sagte eine Freundin? Sie habe das auch schon mal gehabt, wenn ihr welche entbüchst seien. Ich solle mir keine Sorgen machen, die ihren standen nach einer Woche wieder vor der Tür.

Meine Mutter meinte, Elke hätte das entschieden.

Ich sage zu dem ganzen Kram nichts mehr. Wozu auch? Elke ist ne Katze, der hat uns nicht mal wirklich wieder erkannt und war noch nicht mal angekommen.

Ich gehe einfach mit F. sonntags morgens in den Wald, Kräuter sammeln, sondeln, der Hund einfach dabei…..

Zufälle

Zufälle gibt ’s nicht, hat mal jemand gesagt. Würde ich jetzt so nicht unterschreiben.
Letzte Woche Donnerstag komme ich von der Arbeit und irgeneiner dieser Trullies aus meiner Familie hat das Mittwochs-Kostenlos-Blättchen offen auf dem Esszimmertisch liegen lassen.
Ja, da sind auch die Tierheimnachrichten drinne und gucke ich hin und wieder an.
Da ist eine circa vierjährige Katze abgegeben worden. Wahrscheinlich schon sterilisiert. Wer sie kennt und/oder vermisst, der solle sich doch melden.
Ich bin erstaunt und zeige C. das Bild. „Guck mal! An wen erinnert Dich die Katz“
„Sieht aus wie Elke.“
Er liest den Text und sagt, das es eine Kätzin ist. „Ach komm her auf! Was die immer sagen über die Viecher…kannste in die Tonne kloppen.“
Dabei denke ich an die Hündin, die ich mal im Tierheim gesehen habe. Und ich habe mir ganz viel anghört von dem Pfleger. Irgendwann wollte ich dann wissen, wie alt sie denn sei. Vier Monate, war die Antwort. Und während wir sprachen tropfte sie den Zwinger mit ihrer Hitze voll.
Warum ich C. letztendlich dazu bewegen konnte, das er dort einfach mal hinfuhr? Kann ich gar nicht sagen. Er versprach mir, am nächsten Tag mal gucken zu fahren.
Morgens im Zug guckte ich auf der Tierheimseite und fand ein noch genaueres Bild. Ich schrieb das C..
Er guckte selbst und ich bekam zur Antwort: „Ich bin um zehn sofort da! Das isser! Eindeutig.“

Auf der Arbeit gab ich Bescheid, das ich doch bitte, evtl. früher weg müsste, wenn ich zur Antwort bekäme, das Elke Elke sei. Fand nicht viel Verständnis bei meinem Gruppenleiter, aber …egal.

Jedenfalls ist Elke seit Freitag wieder zuhause. Wir haben 110 Euro bezahlt, weil er seit dem 2. Juni dort einsaß, was auch erklärt, warum so wenig Fundkatzen wieder abgeholt werden. Ne reine Tierschutzkatze kostet 60 Euro. Und ne Tierarztrechnung bekomme ich auch noch, denn sie haben ihn geimpft, gechipt, entfloht, obwohl er gar keine hatte, und entwurmt. Das er keine hatte, hat mir die Pflegerin erklärt.

Aber: Nach über einem Jahr ist der Arsch wieder zuhause. Und den hat, wie unser Omma gesagt hat, irgendwer mitgenommen, weil der ist rund wie eh und je.

"Mama hebt Gläser auf für `s Gelee…."

Das sang Grönemeyer vor Jahrzehnten und so wollten wir nie werden….und ich hebe Gläser auf für`s Gelee.
Donata putzt bei uns. Sie hält die Küchen in Ordnung, einen Teil der Blumen. ….
Ich komme aus der Pause und ich treffe sie in der Küchenecke der Abteilung.
Wir kommen ins Gespräch und reden darüber, das nach der Arbeit noch die Arbeit zuhause ansteht.
Ich sage ihr, das ich noch immer 20 Maschinen Wäsche pro Woche habe und sie will wissen, ob solche Peniblen sind.
„Sind wir nicht, nur viele…“
Und sie denkt nach und ich kurz auch und sie sagt, das in der Firma die Arbeit ist und zuhause.
„Ist das leben??“ fragt sie. „Ist DAS leben?“
„Ja“, sage ich. “ Das ist leben.“
Ich denke noch lange darüber nach, ob genau das das Leben ist, ob das leben ist.
Fahre nach Hause, mache die Wäsche und frage  mich, ob das leben ist.
Und dann frage ich mich, was denn dann leben ist, wenn das nicht leben ist?
Auf die erste Frage von Donata finde ich schließlich eine Antwort. Nein, ich habe nichs wirklich verpaßt, auch wenn ich viele Orte dieser Welt nicht gesehen habe, viele Menschen nicht getroffen habe, viele Konzerte nicht gehört habe.
Leben ist genau das, was Donata, Desiree und alle anderen machen. Nach Hause kommen, die Wäsche, Essen kochen, den Haushalt….Das war vor Jahrtausenden schon so und ist auch heute noch so….

Kameradenschwein

Das Jahr geht nicht besser und wir haben erst Juli.
Letzte Woche öffne ich Sonntags FB und eine Kollegin teilt genauso mit, wie es ihr passiert ist, das ihr Mann überraschend gestorben ist am Samstag. Und sie bittet um  Ruhe, weil sie sich außer Stande sind, persönliche Nachrichten zu beantworten, die Fragen enthalten, auf die sie selbst keine Antwort hat.
Ich hatte die ganze Nacht Alpträume…..

Am nächsten Tag auf Arbeit wird uns offenbart, das unsere Jobs auf der Kippe stehen. Scheisse.
Und die Kollegen diskutieren und diskutieren und ich arbeite und habe keine Lust auf diesen leidlichen Diskussionen, wer nun auch immer Schuld an der Misere sei. Und die Misere entsteht durch Konkurrenzdruck und weil wir einfach zu lange brauchen. Die anderen sind schneller….
Also arbeite ich, weil es da Einzige ist, was in dieser Situation Sinn macht.

Samstag komme ich zur Arbeit und werde von einem Kollegen aufgefordert, langsamer zu arbeiten. Ich müsse an die Kollegen denken, die nicht so schnell können. Ich solle zwischen zwei Aufträgen mal Luft holen….. da war ich dann durch. Indirekt hatte er mich als Kameradeschwein bezeichnet. Es ist ein Anlernjob. Es ist nichts gewaltiges, nichts großes, es muss gemacht werden.
Ich habe mit C. telefoniert. Gehofft hatte ich, das er sagt, ich solle nach Hause kommen und das dort nie wieder hin muss. Aber er sagte nur, meine Kollegen seien blöd und ich solle weiter machen wie bisher und wenn sie zu machen, bewerben wir mich bei der Konkurrenz.

Wieder Alpträume. Und Übelkeit vor Arbeitsbeginn.

Aber: Mutig vorran, der Focus liegt auf zuhause.

Ich sehe die Arbeit nur noch als Unterbrechung von Zuhause. Seit über den Erdbeeren im Vorgarten ein Netz ist, werden sogar welche rot.
Mini ist gut eingestellt mit ihrer Medizin und ist fürchterlich anstrengend, wie es so eine vierjährige tatsächlich ist. Keine Anfälle mehr, wir wollen es aber nicht beschreien.