Corona-Käfighaltung

Freilandhaltung ist im Moment nicht. Es schneit. Also sind wir jetzt wieder in Käfighaltung. Alles findet im Haus statt.

C. kam gestern mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus. Da darf man ihn nicht besuchen. Er hatte Rücken und am Ende einen derartigen Medikamenten-Cocktail, das er doch von der Station bis zum Haupteingang kommen konnte. Er torkelte zwar ebbes und hatte vergessen, das er mir erzählt hatte, das er geröngt worden war und unterstellte mir hellseherische Fähigkeiten, aber…

Heute konnte ich ihn wieder abholen. Das Argument des Arztes, wer samstags kommt, muß damit rechnen, bis Montag zu bleiben, sonntags werden keine Arztberichte geschrieben und warum er denn überhaupt am Samstag gekommen war, wenn er doch schon wieder gehen wollte.

Er war ja nun nicht freiwillig ins Krankenhaus gefahren. Es war ja der Notarzt und der Rettungswagen…

Die Käfighaltung verschlimmert mein Gedankentourette. Der Freund von klein E., mittlerweile ist sie 15, hat keinen Zugang zu unserem Haus. Er wollte im Januar einfach zu ziehen und war der festen Überzeugung, ich würde ihn mit durchfüttern.

Jedenfalls ist dieser Freund gestern mit den kleinen Mädchen und groß E. zu unserer Omma. Groß E. putzt dort.

Ich habe mich maßlos aufgeregt. Immerhin gibt es Kontaktsperre und habe ihm per Voice-Mail mitgeteilt, das er bei meiner Mutter nichts zu suchen habe.

Er schrieb mir, das käme nicht mehr vor.

Am Liebsten hätte ich ihm geantwortet: „Schleppst Du meiner Mutter Corona ein, dann kommst Du nicht mehr vor!“ Aber das macht man ja nicht.

Er heißt bei uns nur noch „das Schweinchen“, weil er hier im Haus in E.s Zimmer eine Müllsammlung sonder gleichen veranstaltet hat. Er war jeden Tag und jede Nacht hier. Die Beziehung mit ihm hat unserer Familie sieben Anzeigen eingehandelt…passiert jetzt aber nichts mehr, weil Corona.

Ansonsten? Die Kinder beschulen. Nicht einfach.

Ich habe einen Pizza-Stein gekauft. Der verbessert die Qualität vom Brot.

Und eine Overlock-Maschine, die verbessert die Nähte von Stretchstoffen.

Aber: Ich würde gern mal wieder mit Doro oder Astrid….oder auch Omma…

Am Freitag war ich bei uns im Real. Ich laufe wieder an Gehstützen. Also mußte Mella mit, einer mußte ja den Wagen schieben. Ich wollte Wasser kaufen und wußte von den Nachbarn, das Real welches hatte.

Im Eingang stand Security.  Ich solle mir doch auch einen Wagen nehmen, damit würde ich doch besser laufen können.

„Woher wollen Sie das wissen?“ Und noch bevor er antworten konnte, setzte ich fort: „Sie schicken mich weg und ich schreibe das der Zeitung.“

Und zack, durfte ich rein. Mal irgendwie halblang bitte.

In diesem Sinne…

Corona, Hausarrest, Schule und Hüttenkoller

Tag 12. Tag 12 ist wie Tag 11 nicht mehr einfach.

Zunächst dachte ich, es ist wichtig, über die Länge der Zeit die ganze Geschichte als Normalität zu sehen. Das ist durchaus nicht einfach.

Alle sind zuhause. C. musste gleich am 16. März ins Home-Office. Wegen der Kinder. Nicht, das es Probleme mit deren Betreuung gäbe.

Mein Arbeitslosenantrag steckt in der Bearbeitung fest, nachdem die Frau im Büro meiner ehemaligen Firma das Ding so ausgefüllt hatte, das es zur erneuten Bearbeitung in die Firma zurück geschickt werden musste.

Beispiel: Die Frage war, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt habe.

Dann stand da: „Durch:…“. Sie hat eingetragen bei „Durch:“ „Ohne Angabe von Gründen“. Außerdem hatte sie im Formblatt angegeben, das mein Arbeitsverhältnis dort erst am 01.01.2018 begonnen hätte und ich in dieser Zeit nicht halbtags, sondern nur auf 450 Euro dort gearbeitet hätte.

Und nun kommt Corona. Und nichts geht mehr….Gestern kam mit der Post die Ablehnung meines Arbeitslosenantrages vom Mai letzten Jahres. Wenn sowas normales schon so lange dauert, dann hoffe ich, das ich mein jetziges Arbeitslosengeld noch vor meiner Rente in 14 Jahren bekomme.

Jedenfalls bin ich derzeit aus dem Krankenversicherungsschutz raus und es hat mich einen ganzen Vormittag und eine Rechtsberatung durch die Rechtsschutz gekostet, den Antrag auf freiwillige Familienversicherung bei der Krankenkasse zu bekommen.

Aber: Geschafft. Finanzielle gesehen bin ich jetzt am Arsch, weil 1000 Euronen pro Monat fehlen, aber….was soll ich machen. Hartz4 beantragen? Geht nicht, weil ist dauerbesetzt die Leitung dort.

Seit mehr als einer Woche bin ich bemüht, die Schulkinder zu unterrichten. Boah. Schulkinder, Haushalt, Bettruhe, Einkaufen….und normalerweise auch noch Bewerbungen schreiben für das Arbeitsamt.

Da mache ich mich am Wochenende dran. Vielleicht sind ja nach Corona noch Firmen über….

„Gehen Sie doch mit den Kindern in den Wald!“ war die Ansage der Pflegestellenunterstützung.

Guter Witz. Zig Wege im Harz sind für die Öffentlichkeit gesperrt. Und laufen kann ich auch nicht ohne Gehstützen und schon gar nicht lange.

Wir sind also zuhause und im Garten. Zwei Gärten weiter spielen die Nachbarskinder. Diese und die meinen haben eins System entwickelt, wie sie gemeinsam, durch den Garten von Herrn Doktor und sin Fruwe getrennt in zwei Gärten verstecken spielen können. Sie sind einsam. Alle. Sie vermissen ihre Freunde.

Hanni hatte Mini täglich angerufen, obwohl sie bei ihrem Vater in anderswo ist. Und gestern rief sie an, sie könne jetzt 7 Tage nicht anrufen, weil sie in die andere Wohnung fahren…..Aber sie werde sich dann wieder melden.  Mini hat bitterlich geweint.

Hin und wieder telefonieren wir Mütter. Aber es ist nicht dasselbe. Überhaupt nicht. Da hilft es auch nicht, das jeder  seinen eigenen Kaffee trinkt.

Abendessen bei uns ist ganz leise. Es gibt ja auch nichts mehr zu erzählen. Wir erleben ja alle dasselbe. Von morgens bis abends.

Manchmal habe ich mich gefragt, ob C. auch daran denkt, das die in China zur Scheidung Schlange stehen……Ob wir das als Paar überstehen? Schon letzte Woche kam von seinem Arbeitgeber der Bogen zur Kurzarbeit.

Am Arsch. Wir sind alle am Arsch.