Bewegung II

Ich telefoniere mit Omma. Für Omma habe ich die wenigste Zeit und für meinen Hund.

Also, ich telefoniere. C. reißt die Tür auf und ist ganz aufgeregt, nicht positiv, denn sein Gesicht drückt ein Desaster aus.

Ich unterbreche das Gespräch mit Omma. C. erklärt mir, daß Groß -E. ihn angesprochen habe, weil Vicki ihr ein Foto geschickt habe über What’s-app, auf dem Vicki eine Prellmarke habe. Sie sei von ihrer Mutter geschlagen worden.

C. ist verzweifelt, er weiß nicht, was er machen soll.

„Na, wenn das so schlimm ist, dann müssen wir die Polizei verständigen“, sage ich. Wir sind Pflege-Eltern und können es uns schon dreimal nicht leisten, in sowas reingezogen zu werden.

C. weiß es nicht, ob man sich da nicht raushalten solle.

Und so gehe ich zu Groß -E., die schon im Esszimmer wartet. Groß -E. erzählt. Vicki hat ja schon einmal bei uns übernachtet, als ihre Mutter mit ihrem neuen Freund allein in den Urlaub geflogen war und Vicki, die nicht bei den Großeltern schlafen wollte, dann doch zuhause Angst hatte und immer wieder forderte, das Groß-E. doch bei ihr übernachte.

Hey, das sind Mädchen. Die sind 14. Übernachten in sturmfreier Bude? Auf GAR KEINEN Fall.

Und so hatte Vicki bei uns geschlafen und ich hatte ihr das Steak-Messer abgenommen, mit dem sie sich abends noch ritzen wollte. Anscheinend so zum Einschlafen. SOWAS wird bei uns nicht gemacht. Basta. Die nächste Nacht wollte sie dann lieber wieder zuhause schlafen. Nunja.

Aber zurück zu dem Bild mit der Prellmarke, daß sie meiner Tochter auf das Handy geschickt hatte.

Meine Tochter erzählte mir, daß sie schon des öfteren von Vicki gehört habe, die Mutter schlage sie. Die Mutter tut mir nur leid. Vicki bestahl ihre Schulkameraden, musste aus Hamburg von der Klassenfahrt abgeholt werden, musste die Klasse wechseln, und hat jetzt vor, die elf Fünfen in den 14 Fächern, die davon zeugen, die Klasse nicht geschafft zu haben, mit Hilfe eines Scanners so zu verändern, daß die Mutter ein anderes Zeugnis vorgelegt bekommt.

Aber zurück zu dem Prellmarken -Bild.

Groß-E. erzählte und war sichtlich genauso überfordert wie C.

Mutter,(pragmatisch): „Zeig mir doch das Bild mal.“

Meine Tochter machte ihr Handy an und ließ mich das Bild sehen. Eine handtellergroße Prellmarke mit blauer Unterlaufung saß unter dem linken Auge.

„Freunde, das muß zur Polizei.“

Und Groß-E. hatte noch zwei Geschichten auf Lager, die Vicki ihr über die häuslichen Mißhandlungen erzählt hatte. Und auch noch ein Bild, auf dem das andere Auge betroffen war.

„Nee, Leute, die Prellmarke sitzt genau auf dem Joch-Bein. DAS ist jetzt eine Hausnummer für sich. E., du schickst mir das Bild und kommst mit! Wir fahren zur Polizei.“

C. wollte nicht. Er wollte sich da nicht einmischen, der Mutter, die es wirklich nicht leicht mit ihrer Tochter hat, nicht zu nahe treten. Er hatten die Konsequenzen vor dem inneren Auge.

„C., ernsthaft. Da muß was passieren! Sowas wird nicht besser, sowas eskaliert. Und Vicki ritzt sich, säuft, konsumiert Drogen, klaut. So oder so, die brauchen da Hilfe und manchmal muß der Anstoß von außen kommen! Wenn da was passiert und die gucken in das Handy von dem Mädel und sehen, das wir davon gewußt haben, weil sie das Bild geschickt hat….“ C. ist klug.

Er fahre mit Groß-E. zur Polizei.

Hat er gemacht. Und als er wieder kam, machte er sich Sorgen und Sorgen und Sorgen.

Dann kam der Rückruf von der Polizei. Vicki hat sich das aufgeschminkt. Es gab im Real-Life keine Prellmarke.

C. war geschockt.

„Man, Liebster, die braucht Hilfe, die Vicki. Die braucht richtig Hilfe. Rumritzen und sowas. Stell dir mal vor, wir hätten nichts gemacht und irgendwann hätte die noch mehr Fotos geschickt, wie soll denn die Mutter beweisen, dass da nix war? Und die Mutter muß auch wissen, was ihre Tochter über sie behauptet.“

Aber damit war es noch nicht rum.

Tags drauf kommt C. auf mich zugestürmt. Er habe in das Handy von Groß-E. geguckt.

Ich muss dazu sagen, daß ich den Mädchen hier die Handys regelmässig abnehme, damit sie nicht mehr bis nachts um drei what’s-appen.Ich gucke nicht in ihre Handys. Das geht mich nichts an. Aber C. hatte das Handy an den Computer angeschlossen und Nacktbilder von Groß-E. gefunden.

„Das geht uns nichts an.“ Ich bin der festen Überzeugung, daß es Dinge gibt, die uns nichts angehen.

„Sie hat sie verschickt.“

„An wem?“

„Kann ich nicht sehen, ich kann ja nur auf die Dateien zugreifen, die, die unter gesendet und empfangen abgelegt sind. Weiß Du noch, als sie die ganzen Knutschflecke hatte?“

„C., das geht uns nichts an. Wenn sie auf sowas steht, dann ist das ihre Sache. GANZ ALLEIN ihre Sache!“

„Ja, solche Bilder sind da auch und die sind…..die sind….sind….so…“

„Pornographisch?“

„Ja.“

„C., das ist ihre Sache“

C. schlief nicht mehr.

Wieder tags drauf kam Groß-E. zu mir, ob Katja zu uns kommen könne, sie habe ihren Eltern gesagt, sie sei bei Vicki, aber Vicki dürfe sich ja nicht verabreden und auch keinen Besuch bekommen und deshalb müsse Katja bis 23 Uhr warten, dann könne sie zu Vicki.

„Ja, Katja könne zu uns.“

C. wußte nicht, ob er Groß-E. ansprechen solle. Und ich sagte ihm, er dürfe es nicht. Denn: Das Handy ist ihre Sache. Das ist was Privates.

Um dreiviertel elf nachts krachte es bei uns.

Ich hatte zwischenzeitlich von Groß-E. erfahren, daß Katja nicht bei Vicki übernachten würde, sondern diese aus dem Fenster steige und beide Mädels durch die nächtliche Stadt schingeln würden.

Auf gar keinen Fall!

Ich habe Katja einen Vortrag gehalten, in dem auch vorkam, das sie zu schade für so etwas sei. Das die nächtliche Stadt genügend Gefahren bereit halte, und sie einfach nicht häßlich genug sei, um denen zu trotzen. Sie sei einfach zu wertvoll.

Katja wollte dann lieber nicht mehr gehen und ich sagte ihr, sie solle ihre Eltern anrufen und ihnen Bescheid geben.

Ihr Vater kam sie abholen und war aufgebracht. Aber ich gab ihm mehrfach zu bedenken, daß seine Tochter sich umentschieden habe, auch wenn es knapp vor kurz war. Katja weinte. Und ich habe ihr das gesagt, was ich denke. Das ich sie sehr mag und das es wichtig ist, das sie mit ihren Eltern offen spricht. Einfach so sagen, wie es ist. Sie ist doch eine Gute.

C. ging das zu weit. Er wollte ein Gespräch mit Groß-E.. Ich nicht. Ich hatte mit ihr am Vortag gesprochen und sie hatte mir erzählt, was sie doof an ihren Freundinnen fand, wer alles ritzte und worüber sie sich geärgert hatte. Nein, die Fotos habe ich nicht angesprochen.

Irgendwann kam er zu mir, weil sie mit ihm nicht sprach und erklärte mir, sie wisse, das er wisse.

Ich bin dann mit ihr ins  Gespräch und es kam raus, das, wenn sie bei Lisa übernachte, beide Mädchen oft bis nachts zwölf auf Vicki warteten und die dann kam und sie alle bis morgens um vier aufblieben, weil Vicki dann wieder nach Hause müsse.

Aber es hätte Streit zwischen Vicki und Lisa gegeben, weil letztere sich ausgenutzt fühle, und diese nächtlichen Besuche nicht mehr wolle.

„Boah, die hat meinen vollen Respekt.“ finde ich auch heute noch.

Ich wollte wissen, womit Vicki die Mädchen denn alle in der Hand habe, das sie alle so hoppchen machen. Kam dann raus.

Ja, zu den Bildern habe ich sie auch gefragt. Sie ist auf so typische Leute reingefallen.

C. sagte, man könne versuchen, das anzuzeigen, aber meistens sind die Server in Russland. Groß-E. will unbedingt nach Süd-Korea und hatte sich dort eine Plattform gesucht und von dort wurden die Bilder eingefordert. Sie bekam dafür einen Penis geschickt.

Ich habe mir das anghört und ihr gesagt, dass ich das recht dumm finde, weil die Fotos jetzt auf ewig im Netz bleiben. Und sie das ganz genau weiß, immerhin haben wir hier eine Menge Aufklärung betrieben.

„Naja, wirste mit leben müssen!“ Und damit war es für mich vom Tisch.

Die Handys nehme ich trotzdem immer wieder ab und lasse es ihnen für zwei Stunden am Tag. Am Tag, wohlgemerkt, nicht in der Nacht.

Amokläufer

A. und ich sitzen zusammen.

„Weißt du eigentlich, das die wenigsten Amokläufer an Hauptschulen sind?“ fragt er mich unvermittelt.

„Was?“

Er wiederholt die Frage.

Nach kurzem Nachdenken, antworte ich mit „Ja“.

„Weißt du auch, warum das so ist?“

„Nee.“

„Willst du es wissen?“

„Klar.“

„Die Amokläufer wissen,  an Hauptschulen wird  zurück geschossen.“

Sonntags -Zeitungen — A. und ich

Wir haben ja die Sonntagszeitungen. Eins von diesen kostenlosen Blättchen, die ruckizucki mal …okay, also diesen Wochenende wieder mal drei Touren, die kleine mache ich immer zusammen mit einem der Jungs, meistens mit A., weil D. ja eigentlich kaum da war.

A. und ich fahren zum Altbau am Ende der Strasse und bringen 11 Stück in Briefkästen unter. Will heißen, A. bringt die unter und ich mache derweil das nächste Paket auf und lege die Stückzahl für das nächste Haus zurecht.

Wir sitzen im Auto.

„Weißt Du eigentlich, dass ich jetzt täglich Bus fahre?“ fragt er mich.

„Hä? Bus? Warum?“ Immer verwirren mich diese Kinder.

„Ja, hat mir Justin grad gesagt…“ Justin B. ist ein ehemaliger Nachbarsjunge, der jetzt derzeit in dem Haus mit den elf Zeitungen wohnt.

„Justin B?“

„Ja, Justin. Der hat mir erzählt, das man sich erzählt, dass ich jeden Tag mit ner Palette Bier im Bus sitzen und fahre.“

„Mit ner Palette Bier??“

„Ja, mit ner Palette Bier im Bus!“

Es ist warm, die Fenster sind unten.

„DU HAST ‚NE GANZE PALETTE BIER UND SÄUFST DIE ALLEINE?“ Meine Stimme klingt böse.

„Ja, Mama, im Bus!“ A. blinkert mich an.

„UND DU GIBST MIR NICHTS AB?????“

Ich starte den Wagen. Wenn die Leute schon scheiße erzählen, dann kriegen sie noch was drauf.

Bewegung I

Das Leben ist Bewegung! Jo. Sehe ich auch so. Bei der Bewegung in diesem Leben, da braucht es gar kein Fitness-Studio mehr,.

Die letzten zwei Wochen habe ich morgens bei Dr. Fontheim in Liebenburg verbracht. Für alle, die es interessiert, hier mal die Website für mentale Gesundheit:https://www.fontheim.de/

Der Vater von Patty und Selma, man erinnere sich, der Vater der bei mir lebenden Enkelkinder also, genau der hat sich entschlossen, es muss ich was ändern und ist entgiften gegangen. Genau, in die Klinik für mentale Gesundheit. Und dann haben sie behandelt und ich bin morgens hingefahren und habe abends versucht, ihn telefonisch zu erreichen.

Unser Omma war sauer. Wozu ich da jeden Tag rüber fahre, wollte sie wissen.

„Na ganz einfach! Kein Mensch ist gern allein. Und wenn wir ihm keinen Kontakt bieten, wo soll er dann denn hin?“

„Achso.“ Es ist immer dieses unverständliche „Achso.“, das völliges Missfallen ausdrückt.

Dann entließ die Klinik für mentale Gesundheit den jungen Vater wieder. Allerdings hatte der junge Mann keine Wohnung mehr, was fast eine eigene Geschichte wert wäre, zumal die Vermieterin einfach erklärt hatte, der Vertrag sei ungültig, nach knappen zwei Wochen, weil das Jobcenter noch auf die Zahlung warten ließ, und kurz darauf sämtliches Hab und Gut, das der junge Mann dort in die Wohnung verbracht hatte, auf dem Müll entsorgt hatte.

Also telefonierte ich. Zombies Vater kam nicht in Betracht, Der hält nur blöde Vorträge und die kann man nicht gebrauchen in so einer Situation. Man weiß doch eh, welchen Scheiß man gemacht hat, um in eine Klinik für mentale Gesundheit zu müssen…

Aber der zweitälteste , als der K. und seine Freundin, haben den jungen Vater erstmal aufgenommen und dort kann er erstmal bleiben, während er auf den Therapie-Platz warten muss, weil da ist voll.

Geburtsurkunden habe ich besorgt.  Und Montag, wenn ich den Dauerschulschwänzer in die vier Wochen Arrest fahre, dann werde ich zu den Söhnen nach Göttingen fahren und mit dem jungen Vater einen Ausweis beantragen, weil ich in der Geburtsurkunde namentlich erwähnt werde ( Oh, Wunder, oh, Wunder!), weil der junge Mann nicht mehr nur keine Unterlagen vom Jobcenter hat, sondern auch keinen Ausweis und keine Krankenkarte mehr…

Telekom und ich

Die Telekom ruft an. Und sie hat Ausdauer.  Sie ruft immer wieder an, aber mal, wenn ich auf Arbeit bin und das Handy im Schrank liegt und mal nachmittags, aber da liegt das Handy in der Handtasche und ist stumm. Aus irgendeinem Grund musste es stumm sein und ganz oft vergesse ich das dann.

Nachdem sie eine Woche angerufen hat, die Telekom und auch noch unter zwei Nummern, entscheide ich mich, zurück zu rufen. Unter der einen Nummer bekomme ich die Ansage, das grad keiner da ist, unter der anderen Nummer meldet sich ein Telekom-Mitarbeiter mit der typischen Grußformel, spricht mich mit Namen an und fragt, wie er mir helfen kann.

„Ja, das weiß ich doch nicht. Sie rufen doch dauernd bei mir an.“

Er wolle mal nachschauen, worum es geht, stellt fest, dass es nicht um Finanzen geht, bedankt sich, das mein Handy das Telekom-Netz benutzt und würde mir gern einen Festnetzanschluß verpassen.

„Hab ich schon.“

„Bei der Telekom?“

„Ja, bei der Telekom. Läuft nur nicht auf meinen Namen, sondern auf meinen Mann.“

„Haben Sie schon mal was von Magenta gehört?“

„Ja, habe ich. Ich habe bei Markteinführung selbst bei der Telekom im technischen Service gearbeitet und würde 10 Euro sparen, hätte aber dabei kein Miethandy. Also lassen wir alles so, wie es ist. Denn so ist es gut.“

Er verspricht, mich aus dem Werbepool rauszunehmen und fragt nach dem Namen des Telekomfestnetzanschluß-Inhabers. Ich nenne ihm den Nachmnamen.

Ende Gespräch eins.

Tags drauf sitze ich in der Raucher-Ecke auf der Terasse und will telefonieren und die Telekom ruft an. Diesmal die andere Nummer. Ich bin erstaunt, sollte ich nicht aus der Liste der terrorisierbaren Telekomkunden gestrichen werden?

Eine Frau ist dran. Sie bedankt sich, dass ich schon so lange Telekom-Kunde bin ( und das findet man beim soundso vielten Mal echt lästig und ich frage mich nach Alternativen) und weil ich schon so lange Telekom-Kunde bin, will man mir was schenken.

Aha.

Für 39,95 Euro pro Monat.

Und ich denke, sie redet von meinem laufenden Vertrag. Da würde ich dann nämlich was sparen.

Also für den genannten Betrag bekomme ich ein mördermegagroßes monatliches Datenvolumen und kann dann überall surfen.

Aha.

Und für 9,95 Euro pro Monat bekomme ich ein nagelneues Samsung-Tablet dazu, mit dem ich dann überall online sein kann.

„Wie?“ Ich komme da nicht mehr durch und denke darüber nach, ob man die 10 Euronen für so ein Tablet nicht ausgeben könne, um meinen Mann mit einem nagelneuen Tablet zu erfreuen. „Und das bekomme ich geschenkt??“

„Nein, ich habe Ihnen ja am Anfang gesagt, der Vertrag kostet 39,95 Euro und für 9.,95 Euro gibt es das Tablet dazu.“

„Also ein zweiter Vertrag?“

„Ja.“

„Das brauche ich nicht.“ Und damit sie mir nicht wieder mit irgendwelchem Datenvolumen kommt…“Das bisherige Datenvolumen brauche ich ja gar nicht auf. Videos gucke ich nicht. Und mein Handy  dient nur  als Navi, aber da haben wir jetzt auch eins im Auto.“

Seit wann bezahlt man seine eigenen Geschenke und was bitte soll ich denn mit einem Tablet?

Wir verabschieden uns.

Tags drauf klingelt das Festnetz.

„Hallo?“

Grußformel Telekom. Die Dame fragt mich, ob sie mit Herrn R. (Anmerkung: Inhaber des Anschlußes) spreche.

„Nein.“ Der Hundetrainer nannte meine Stimme zu hoch und Lehrer wollen immer meine Mutter sprechen, wenn ich am Telefon bin. Aber die Telekom, die hält mich für einen Kerl. Arbeiten da nur Eunuchen?

„Also mit Frau R.“

„Nein. Wir gönnen uns den Luxus eigener Nachnamen.“ Ich nenne ihr meinen.

Ob ich Entscheidungen bezüglich des Festnetzvertrages treffen dürfte, will sie wissen.

„Ja.“ Abwimmeln darf ich.

Und es fängt wieder an, ob wir nicht einen neuen Vertrag machen wollen. Wegen dem Entertain. Mehr Datenvolumen blablabla.

„Wissen Sie, wir haben  Ihren Kollegen schon mehrfach folgendes mitgeteilt: Ja, wir wissen, dass die Telekom hier das Netz ausbaut und oben an der Straße ein neuer Schrank steht. Die Strippe von da bis zum Haus ist aber immer noch von 1939 verdrilltes Kupferkabel. Nein, wir möchten nicht mehr Datenvolumen. Je höher die Geschwindigkeit, desto anfälliger für Störungen. Sie könnten ja erstmal dafür sorgen, dass unsere 16000er ordentlich läuft. Die Wetterstörung haben wir nämlich immer noch. Und ja, WIR kommen auf Ihr Unternehmen zu, wenn wir eine Vertragsveränderung, explizit mehr Datenvolumen wünschen.“

Wir haben uns dann verabschiedet. An drei Tagen dreimal Telekom. DAS ist echt zu  viel.

Das ist schon rosaner Telefonterror.

Trecker-Handtasche

Jedes Jahr gehe ich und kaufe mir eine Sommerhandtasche. Die von vor zwei Jahren habe ich groß E. geschenkt, sie hatte mir diese gelbe Tasche immer wieder aus dem Schrank geholt und liebte sie sehr, ich hingegen war jetzt nicht ganz so glücklich….

Und wenn ich dann schon eine Weile hier und da und bei Amazon gesucht habe und nicht fündig geworden bin, dann gehe ich auch gern einfach mal in den Second Hand-Shop hier.

Ich gehe also rein.

Ob man mir helfen könne.

„Ja, ich suche eine Handtasche.“ und ich sage nicht, dass ich schon eine im Blick habe, auch wenn ich das Gold an ihr nicht mag, aber sie sieht so knautschig aus. Immerhin hatte ich hier auch meine himmelblaue knautschi-Sommerhandtasche aus dem letzten Jahr gefunden.

Sie zeigt auf ein Regal und sagt:“ Klar haben wir Handtaschen. Schauen Sie sich um! In einer Preisklasse von 25 bis 125 Euro.“

Ich danke ihr und gehe zum Regal.

‚125 Euro für eine Handtasche?! Wer macht denn sowas??‘ Aber das frage ich die Verkäuferin nicht. Und ich gucke mir die Handtaschen an. Die Knautschi in  Weiß finde ich toll, aber sie hat keinen Trageriemen. Und ich hatte doch gelesen,….Dahinter eine mit goldenen Kreisen auf weißem Grund. Boah, das würde eher klein E. gefallen….

Die Verkäuferin kommt zurück. Ob ich schon was gefunden hätte.

„Ja“, sage ich. Ich hole die Tasche vom Regal.“Die hier! Aber sie hat keinen Trage-Riemen. Und ich habe gelesen, das macht alt, wenn man eine Tasche mit nur Griffen trägt.“ Und ichg liebe solche Grifftaschen.

„Ach, was!“ Die Verkäuferin winkt ab. Ganz erfürchtig erklärt sie, dass es eine Fendt sei.

Und damit ist mir die Tasche noch sympathischer. Eine Tasche, die genauso heißt wie ein Trecker, daß paßt doch gut zu mir. Also kaufe ich die Trecker-Tasche und noch einen Rock. Die Verkäuferin hatte mir drei rausgesucht, weil bei hässlichen Beinen braucht man längeren Stoff, aber in dem einem sah ich aus wie eine Hausmeisterfrau auf Erotikkurs, im anderen biologisch abbaubar, also kam der mit dem schrillen Muster….

Zuhause erwarte mich C., dem ich stolz von der Trecker-Handtasche erzählte.

„Ach, das machst Du doch jedes Jahr.“ Das war schon enttäuschend. Klar mache ich das jedes Jahr, keine Ahnung, warum, aber ich denke, wenn ich an meine Schwägerin denke, die auch mal eine Handtaschenmacke hatte, dann wird das ein temporäres Laster sein. Ja, und dieses Jahr war es teuer mit 50 Euronen.

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So, da isse. Und weil die Verkäuferin so erfürchtig von „Das ist sogar eine F…“ sprach, habe  ich ich die Marke gegoogelt. Und es ist keine Fendt, was schon irgendwie enttäuschend ist, sondern eine etwas runtergewohnte Fendi. Und jetzt kann ich meine Sommerhandtasche nicht tragen, weil ja jeder denkt, ich gehöre zu solchen Leuten und so…vor allem, weil sie ja auch schon angescheddert ist, wegen der Schmarre.  Hätte sie die nicht, dann wäre sie teurer als mein Portemonaie mit zwei Wochen Haushaltsgeld. Maaaaaaaaaaaan. Wäre die doch bloß vom Trecker-Hersteller!

Als ich mit A. darüber sprach und fragte, wer denn 1000 Euro für eine Handtasche ausgibt, in der Preisklasse soll sie neu gelegen haben, da sagte A. nur:

„Diejenigen, die das Geld haben.“ Kluger Junge, mein Sohn; oder?

Alle Sorge werfet auf ihn, denn er sorgt für euch.

Erdbeeren. Nein, ich habe nicht auf unser Omma gehört und die alten Pflanzen mit Strunk und Stiel rausgerissen und gegen neue ersetzt, sondern habe sie gelassen in meinen ca. 6 mal 2 Metern Vorgarten.

Und in Runde zwei habe ich heute morgen die große Schüssel voll gemacht.

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Und morgen muss ich wieder raus, weil die Schüssel zwar voll ist, aber der Garten noch nicht leer und immer noch welche wachsen. Und als ich so durch das Beet stakste, die Erbeer-Pflanzen vorsichtig und behutsam….da stellte sich mir unter den Augen von Frau Dr. P., die an ihrem Fenster genau achtete, ob ich meine Arbeit ordentlich erledigte, genau also da stellte sich mir die Frage, ob ich nicht den Nachbarn wegen der Nachbarschaft was von meinem roten Reichtum geben müsste. Der Nachbarschaft wegen, zumal mir Herr. Dr.  P. ja Kirschen von seinem Kirschbbaum angeboten hatte.

Auch, als ich die Ausbeute des heutigen Tages in Marmelade und Kompott verwandelte, da stellte ich mir immer wieder die Frage, aber die Antwort hat sich erledigt, ist nichts übrig geblieben vom Verarbeiten.

C., der irgendwann in die Küche kam, um sich das Essen von gestern noch einmal warm zu machen, erfuhr von mir, dass ich denke, dass wir ein bischen, vielleicht sogar ein bischen viel Strafe für unsere Nachbarn sind. Für die hochkulitivierten Dr.’s von Nebenan, die einen Holunder weghauen, wenn er die Früchte verliert und Herr Dr. sich zum zweiten Mal auf den Sitzmöbeln der Terasse eine Hose verdorben hat, für Hampelsmanns mit den Eltern und der stinkenden Feuerschale auf der Terasse, für den Oberbrandmeister und seine Frau, die Tiere mal so gar nicht mag, und für Winters über uns, wobei Herr Winter ein Mann der katholischen Kirche, ….

„Ja, wir passen hier so nicht rein. Also nicht richtig.“ C. rührte sein Essen um. „Aber, was haben wir schon mit denen zu tun?“

Die Erbeeren bleiben meins. Ganz egoistisch. Sie sind für uns gewachsen.