Omma braucht ein neues gebrauchtes Auto, sagt sie. Wir alle sind zwar eher der Meinung, sie bräuchte eher Taxi, aber der Sturkopp, den sie vererbt, den kennen wir alle aus leidiger Erfahrung.
Dacia Sandero, Erstzulassung 2009, 46 000 Kilometer unter 3000 Euro mit zwei Jahren TÜV. Omma ist 74 Jahre alt. Passt, dachten wir.
Omma ist 17 Jahre lang einen Daewoo Matiz gefahren. Einen Toaster auf vier Rädern mit einer niedrig gelegten Hutablage als Kofferraum. Die ursprünglich darin zu findenden Stofftiere belegte die gesamte Rückbank, obwohl der kleine Eisbär und der Elefant und die hässliche Glöckchenkatze bei uns im Kinderzimmer gesucht werden müssen, sollte sie jemand vermissen, weil sie nicht sonderlich groß sind. Aber nunja.
Wir also mit Omma, drei Kindern und uns nach Wolfsburg.
Omma steht vor dem Dacia Sandero. Und ich gucke und gucke hinten rein:
„Mama, der hat ne richtige Rückbank, auf der man sitzen kann! Da kann man sogar Kindersitze drauf unterbringen!“
Omma guckt und guckt und guckt und sagt:
„Gibt es den nicht auch eine Nummer kleiner?“
*Das mit dem Toaster habe ich nur gedacht. Ich habe ihr das nicht gesagt. Ich habe es nur gedacht.“
Wir gehen um das Auto. Hier sind Lack und da ’ne Delle.
„Frauen-Auto,gelle?“ frage ich den Verkäufer.
Woher ich das wisse, will er wissen.
„Naja, mir ist kurz vor Weihnachten doch beim Rauffahren im Parkhaus die Wand ins Auto gesprungen und hat den Lack an meiner Schürze vorne abgemacht….Aber damit kann man ja nicht rechnen, mit so einer Wand….“
Nein, könne man nicht. Und es sei von einer Frau gefahren worden.
„Japp, die typischen Dullen. Da!“, ich zeige auf eine Dulle am Radlauf.“Einkaufswagen!“Stolz erkläre ich:“Kann ich auch. Mit ohne Hingucken.“
C. entdeckt auf der Beifahrerseite dunkelblaue Gnubbel auf dem Lack. Ich solle mir das mal angucken, was das sei.
„Lackstift,falsch angewendet. Aber immerhin so dick, da rostet die nächsten hundert Jahre nix.“
Ich gucke rein. „Guck ma, Mama, richtige Sitze!“ Wuaaaah, und die Rückbank. Da kann man wirklich drauf sitzen…
Motorhaube auf.
„Gucke mal, der Motor ist von Reh -Naul-T.“ Der Verkäufer guckt mich dumm an.
„Ja, das muss man deutsch aussprechen! Renault und Peu-Geh-Ott.“ Er versteht das nicht, er war offensichtlich nicht in der Grundschule und hat lesen gelernt und das auf Mofas gelesen und sich gewundert, warum die Namen so seltsam sind.
Ich werde die Kinder hüten und Omma, C. und der Verkäufer werden Probefahren. Kennzeichen kommen dran, Omma steht verloren rum.
„Rein da, Mama, los geht’s!“
„Neeeee, lieber nicht. Erstmal fährt der Verkäufer und dann C. und dann ich….“ Zweifel kommen bei mir auf, ob das mit dem Auto so gut ist, ob der verrottete Daewoo nicht vielleicht ein Zeichen ist…..Zweifel, die es schon lange gibt.
Am Ende gibt es eine Diskussion um den Zahnriemen, der noch Original ist. Man erinnere sich, der Zahnriemen im Laguna, Bj 2004, war auch noch original, als er bei 101340 Kilometern riß. Aber sollte man es darauf ankommen lassen?
Dem Verkäufer fällt ein, dass der Wagen eine Steuerkette haben muss, weil darüber ja eine Metallabdeckung ist. Und wäre es ein Zahnriemen, dann wäre die Abdeckung aus Plastik.
Omma will wissen, was ich sage. Autokauf ja oder nein?
Habe ich den Wagen gefahren? Nein. Habe ich mehr als die Lackstiftspuren bewundert? Nein. Also. Was soll ich denn schon sagen?
„Ich kann dazu nichts sagen. ich bin ihn nicht gefahren. Ich saß da hinten (ich zeige auf den Verkaufsraum) unter der Treppe auf einem Kinderstuhl und habe den Kindern die Stifte angespitzt….(Omma guckt.) Okay“, sage ich. „Kann ich den Motor mal hören?“
Ich kann ihn hören.
Tja. Läuft ruhig. Und nu?
Ich komme wieder in den Verkaufsraum.
„Naja, wenn der eine Steuerkette hat, der Motor läuft ruhig, dann ja….“
Reifen. Der Wagen steht auf Sommerreifen und bekommt zwei neue.
C. versteht bis heute nicht, warum die Firma zwei neue Sommerreifen drauf zieht, die im Moment eh keiner gebrauchen kann.Nein, zwei Winterreifen könne die Firma nicht besorgen, es gäbe also keine Möglichkeit, einfach nur zwei Winterreifen zu zu kaufen. Aufstecken der Reifen soll in der hauseigenen Werktstatt 60 Euro kosten. Ein stolzer Preis.
Nunja, Omma kauft. Sie hat es ausgependelt, und bestellt tags drauf Zahnriemen und Wasserpumpe. Winterreifen gehen nicht, weil keiner von uns weiß, welche Felgengröße die Dinger haben.
Omma will mit Felge und hat nicht verstanden, dass sie dann wählen kann, ob sie 14 oder 15 Zoll-Felgen haben will.
Herr, lass mich anders werden! Unserem Schrauber vor Ort hat sie erzählt, dass sich ihre Familie um die Abholung ihres alten abgemeldeten Autos kümmert.
Klar, mache ich. Ich habe ne Flex und kaufe grüne Säcke, oder wie?
Tags drauf, also Freitag, wollten wir das sommerbereifte Auto noch schnell vor der Schneefront aus Wolfenbüttel holen. Er steht noch da, der Wagen. Der Schnee hat uns den Gar ausgemacht.
Dass du bei sowas die Ruhe weg hast, fasziniert mich….OMMA Sturkopp…Ich druecke die Daumen, dass der Wagen schnell ankommt…..,
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Das wrd noch dauern. Omma hat mir, als ich sie vom Straßenverkehrsamt abgeholt habe, gesagt, dass ihr Auto einen Namen bekommen hat. Der Vorgänger, die überdachte Zündkerze, hies little red Nippie.
Klingt irgendwie unanständig.
„Rate, welchen Namen der Neue hat!“
„Keine Ahnung.“
„Big blue bitch!“
„WAS?????“ Ich bin verwirrt.
„Big für groß, blue für blau und witch für Hexe.“ Sie hat es gegoogelt. „Big blue bitch“ hätte ich irgendwie stylischer gefunden.
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