Testlauf

Ommas Handy ist kaputt.  Irgendwie schalten sich wohl alle Apps permanent ab und es fordert eine Überprüfung.

Eine Überprüfung von was?

Vom Handy, so sagt jedenfalls unser Omma.

Heute morgen guckte ich wie immer drauf und es fehlte die Lebendkontrolle.

Die Lebenkontrolle ist eine What’s-App-Nachricht mit „Moin, moin, blablabla.Gute Wünsche.“

Seit die kommt, finde ich die schon pervers.

Ommas Blutwerte sind schlecht.  Schlechter als Anfang November und wenn die nächste Woche weiter so schlecht sind, dann bekommt sie erstmal Thrombozyten und danach Chemo.

Omma hatte mich zwischenzeitlich besucht, um mir zu erklären:

„Ich bin krank. Schwer krank. Das ist eine schwere Erkrankung….“

„Ja, Mama. Wir haben uns informiert.“

Seltsamerweise war sie in den letzten Wochen beweglicher als ich. Erst seit zwei Tagen fahre ich wieder Auto. Allerdings kann ich die Mädels noch nicht aus der Kita abholen, weil Selma gern mal weg läuft und ich mit Krücken nicht hinterher komme.

Aber Auto fahren – immerhin. Ich kann allein zur Krankengymnastik. Hachja. Muss nur einen Parkplatz finden, der breit genug ist für die Tür….egal.

Also Omma war beweglicher als ich und kam dann rum.

Nun fehlte heute die Nachricht.

Ich musste erstmal tief Luft holen.

Keine Nachricht.

Schlecht.

Was mache ich denn jetzt?

Noch nicht mal angezogen, nicht geduscht, mit Krücken und C., der seit gestern fiebert.

Naja, immerhin kann ich Auto fahren. Da kann ich ja rum fahren.

Keine Nachricht. Das ist schlecht.

Ich habe mir erst mal eine Zigarette gedreht und geraucht, während das Wasser für meinen Kaffee am Morgen kochen sollte.

Was wird mich da erwarten?

Liegt sie im Bett? Ist sie gefallen? Sitzt sie im Sessel? Hat sie geblutet oder ist sie eingeschlafen? Einfach so mal eben so….

Ich trinke jetzt erst einen Kaffee.

Was mache ich denn jetzt? Keine Nachricht. Schlecht.

Ich muss ja den Puls wenigstens fühlen, wenn sie da irgendwo liegt oder sitzt.

Und genau da merke ich: Ich kann das nicht.

Ich kann das einfach nicht.

Sollte ich C. doch lieber fragen, ob er nicht mit kann? Aber der hat Fieber, was für eine Quälerei.

Und einen der Jungs? Das sind Kinder. Ich weiß ja nicht, was mich da erwartet, wenn ich das schon nicht weiß….Ich kann das nicht.

Was mache ich denn jetzt?

Ich habe dann erstmal angerufen.

Nein, alles gut. Das Telefon ist kaputt.

Ich erkläre ihr, dass C. nicht kommen kann, weil er krank ist.

Was er denn hat, will sie wissen.

Fieber. Rückenschmerzen und Kopfweh.

„Aha.“

Dieses verhasste Aha, dass alles so nieder macht.

Nunja, zurück zum Telefon.

Ich sage ihr, dass ich gucke, noch morgens jemanden rumzuschicken. Aber selbst kann ich nicht.

Ich muss Kinder hüten und C. Von den Jungs ist noch keiner auf.

Ich schicke Groß E. zwei Hühner und Suppengemüse kaufen, immerhin hat die Brühe ja auch den Mädchen geholfen. Wird eigentlich noch Antibiotikum in der Hühnerzucht verwendet? Wenn ja, auch gut. In diesem Fall.

Letztendlich rufe ich sie mittags an, aber da ist sie schon nicht mehr da.

C. liegt und alles tut ihm weh.

Trotzdem teile ich mit den vier Großen auf, wie was gemacht wird, wer mit mir einkaufen fährt.

Kurz und gut: Omas Handy geht immer noch nicht. Und sie ist garantiert sauer.

Und ich weiß: Ich kann das nicht. Ich würde gern auf die Lebendkontrolle verzichten und den Rest an Pflegepersonal übergeben.

Ich möchte kein Pflegepersonal sein – ich kann das nicht.

 

Telekom und ich

Die Telekom ruft an. Und sie hat Ausdauer.  Sie ruft immer wieder an, aber mal, wenn ich auf Arbeit bin und das Handy im Schrank liegt und mal nachmittags, aber da liegt das Handy in der Handtasche und ist stumm. Aus irgendeinem Grund musste es stumm sein und ganz oft vergesse ich das dann.

Nachdem sie eine Woche angerufen hat, die Telekom und auch noch unter zwei Nummern, entscheide ich mich, zurück zu rufen. Unter der einen Nummer bekomme ich die Ansage, das grad keiner da ist, unter der anderen Nummer meldet sich ein Telekom-Mitarbeiter mit der typischen Grußformel, spricht mich mit Namen an und fragt, wie er mir helfen kann.

„Ja, das weiß ich doch nicht. Sie rufen doch dauernd bei mir an.“

Er wolle mal nachschauen, worum es geht, stellt fest, dass es nicht um Finanzen geht, bedankt sich, das mein Handy das Telekom-Netz benutzt und würde mir gern einen Festnetzanschluß verpassen.

„Hab ich schon.“

„Bei der Telekom?“

„Ja, bei der Telekom. Läuft nur nicht auf meinen Namen, sondern auf meinen Mann.“

„Haben Sie schon mal was von Magenta gehört?“

„Ja, habe ich. Ich habe bei Markteinführung selbst bei der Telekom im technischen Service gearbeitet und würde 10 Euro sparen, hätte aber dabei kein Miethandy. Also lassen wir alles so, wie es ist. Denn so ist es gut.“

Er verspricht, mich aus dem Werbepool rauszunehmen und fragt nach dem Namen des Telekomfestnetzanschluß-Inhabers. Ich nenne ihm den Nachmnamen.

Ende Gespräch eins.

Tags drauf sitze ich in der Raucher-Ecke auf der Terasse und will telefonieren und die Telekom ruft an. Diesmal die andere Nummer. Ich bin erstaunt, sollte ich nicht aus der Liste der terrorisierbaren Telekomkunden gestrichen werden?

Eine Frau ist dran. Sie bedankt sich, dass ich schon so lange Telekom-Kunde bin ( und das findet man beim soundso vielten Mal echt lästig und ich frage mich nach Alternativen) und weil ich schon so lange Telekom-Kunde bin, will man mir was schenken.

Aha.

Für 39,95 Euro pro Monat.

Und ich denke, sie redet von meinem laufenden Vertrag. Da würde ich dann nämlich was sparen.

Also für den genannten Betrag bekomme ich ein mördermegagroßes monatliches Datenvolumen und kann dann überall surfen.

Aha.

Und für 9,95 Euro pro Monat bekomme ich ein nagelneues Samsung-Tablet dazu, mit dem ich dann überall online sein kann.

„Wie?“ Ich komme da nicht mehr durch und denke darüber nach, ob man die 10 Euronen für so ein Tablet nicht ausgeben könne, um meinen Mann mit einem nagelneuen Tablet zu erfreuen. „Und das bekomme ich geschenkt??“

„Nein, ich habe Ihnen ja am Anfang gesagt, der Vertrag kostet 39,95 Euro und für 9.,95 Euro gibt es das Tablet dazu.“

„Also ein zweiter Vertrag?“

„Ja.“

„Das brauche ich nicht.“ Und damit sie mir nicht wieder mit irgendwelchem Datenvolumen kommt…“Das bisherige Datenvolumen brauche ich ja gar nicht auf. Videos gucke ich nicht. Und mein Handy  dient nur  als Navi, aber da haben wir jetzt auch eins im Auto.“

Seit wann bezahlt man seine eigenen Geschenke und was bitte soll ich denn mit einem Tablet?

Wir verabschieden uns.

Tags drauf klingelt das Festnetz.

„Hallo?“

Grußformel Telekom. Die Dame fragt mich, ob sie mit Herrn R. (Anmerkung: Inhaber des Anschlußes) spreche.

„Nein.“ Der Hundetrainer nannte meine Stimme zu hoch und Lehrer wollen immer meine Mutter sprechen, wenn ich am Telefon bin. Aber die Telekom, die hält mich für einen Kerl. Arbeiten da nur Eunuchen?

„Also mit Frau R.“

„Nein. Wir gönnen uns den Luxus eigener Nachnamen.“ Ich nenne ihr meinen.

Ob ich Entscheidungen bezüglich des Festnetzvertrages treffen dürfte, will sie wissen.

„Ja.“ Abwimmeln darf ich.

Und es fängt wieder an, ob wir nicht einen neuen Vertrag machen wollen. Wegen dem Entertain. Mehr Datenvolumen blablabla.

„Wissen Sie, wir haben  Ihren Kollegen schon mehrfach folgendes mitgeteilt: Ja, wir wissen, dass die Telekom hier das Netz ausbaut und oben an der Straße ein neuer Schrank steht. Die Strippe von da bis zum Haus ist aber immer noch von 1939 verdrilltes Kupferkabel. Nein, wir möchten nicht mehr Datenvolumen. Je höher die Geschwindigkeit, desto anfälliger für Störungen. Sie könnten ja erstmal dafür sorgen, dass unsere 16000er ordentlich läuft. Die Wetterstörung haben wir nämlich immer noch. Und ja, WIR kommen auf Ihr Unternehmen zu, wenn wir eine Vertragsveränderung, explizit mehr Datenvolumen wünschen.“

Wir haben uns dann verabschiedet. An drei Tagen dreimal Telekom. DAS ist echt zu  viel.

Das ist schon rosaner Telefonterror.