Passierschein A 38

Ich bin krank geschrieben.

Ein Vier-Wort-Satz. Das operierte Knie hat seinen Dienst versagt. Soweit und weniger gut.

Ich bin im Krankengeld.

Auch ein Vier-Wort-Satz.

Gestern rief mich die Krankenkasse an.

Aber, starten wir von vorn.

Also: Ich wurde krank geschrieben,  bekam eine Überweisung und sollte mit der Angelegenheit, also dem Knie, nicht zu einem Wald-Und-Wiesen-Orthopäden, sondern bitte dahin, wo man sich auskennt. Also eine richtige Knie-Klinik.

Gut. Ich nach Hause. Internetz auf und gegoogelt. Wo kann man hin, wer mag sich damit wohl auskennen.

HEH Braunschweig.

Ich dort also angerufen.

„Nein, Sie können nicht mit der Überweisung vom Hausarzt kommen, Sie brauchen eine Überweisung vom Orthopäden.“

Diese Aussage hinterließ bei mir das Gefühl, daß ich als Kassenpatient erst die heiligen Hallen der Fachleute betreten darf, wenn die Amputation ansteht. Das wiederum könnte auch durchaus vom einem Schlachter um die Ecke durchgeführt werden.

Da saß ich nun mit meiner Überweisung. Ich rief in der Orthopädie in Goslar an, wir haben ja hier auch einen Fachmann. Japp, Termin am 18.10., aber immerhin dieses Jahr.

Das war Anfang Juli 2018.

Also wieder hin zum Hausarzt, neuen Termin gemacht, eine Woche später.

Ob man mir nicht einfach eine Bescheinigung ausstellen könne, daß ich eben diese körperliche Arbeit nicht mehr machen kann.

Nein, das gehe nicht, dazu sei eine Reha und ein Gutachten nötig.

Aber ich bekam eine Überweisung zum MRT.

Also einen Termin beim MRT geholt, das früheste war Goslar mit drei Wochen Wartezeit.

Okay.

Eine Woche vor dem Termin bekam ich einen Anruf, ob ich in einer Stunde zum MRT kommen könnte, also eigentlich in 45 Minuten.

Klar.

Ich C. von der Arbeit geholt, der die Mädchen zum Reiten fahren mußte, und ab zum MRT.

Da habe ich mir dann angehört, was seit dem letzten MRT im November letzten Jahres alles weiter kaputt gegangen sei und ich müsse ja gefallen sein.

Nein, bin ich nicht.

Bin ich tatsächlich nicht.

Doch, ich müsse gefallen sein, weil ein Erguß…

Ich bin NICHT gefallen. Ich habe meinen Putzwagen um die Ecke geschoben. Mehr nicht und auch nicht weniger.

Also zurück zum Hausarzt,

Keine mutmachendenWorte mehr, sondern eher ein „Braunschweig ist eine gute Wahl.“ und eine weitere Überweisung ins MVZ nach Bad Harzburg mit dem Eintrag, mich einfach nur weiter nach Braunschweig zu überweisen.

Ich solle gleich hinfahren und mich nicht abwimmeln lassen.

Also bin ich ins MVZ nach Bad Harzburg gefahren und erklärte mein Anliegen.

Nein. DAS gehe ja mal gar nicht. Man kenne mich ja nicht. Ich müsse einen Termin machen.

Und das, obwohl ich den MRT -Bericht gleich vorgelegt habe.

Also wieder drei Wochen warten.

Meine Krankmeldung lief ab und ich mußte eine neue holen.

Die Frau hinter dem Thresen beim Hausarzt pampte mich an, sie müsse erstmal gucken, waru m ich weiter  krank geschrieben werden müsse.

„Ja, weil am Knie nix gemacht worden ist und es nicht einfach abgeheilt ist?“

Ich bekam eine Woche, weil Freitag würde ich ja den Termin in Bad Harzburg haben.

Mittlerweile konnte ich mein Knie nicht mehr tapen, die Haut darunter bekam Löcher. Und, das kann ich nun aus eigener Erfahrung sagen, dann tut das Abziehen der Tapes echt weh. Dafür arbeitete ich mit Healing sea mud, Heilerde, was zwar den Erguß aus dem Gelenk nahm, der jedoch bei einer Bewegung ohne Belastung wieder da war.

Ich also am Donnerstag vor dem Freitag wieder hin mit meinem Stock voller Smiley, der immer wirkt, wie wenn ich lauter Wanderaufkleber drauf habe und eine neue Krankmeldung für zwei Wochen bekommen.

Am nächsten Tag nach Bad Harzburg. Dr. Gebhardt ist erkrankt, die Dauer der Erkrankung ist nicht abschätzbar. Ich müsse einen neuen Termin machen.

„Ich brauche doch nur einen Überweisung…eine Überweisung nach Braunschweig….“

Meine Verzweiflung erweichte wohl Herzen, ich bekam sie. Ich war wirklich kurz davor, in Tränen auszubrechen.

Mit meiner Überweisung im Gepäck rief ich gleich aus dem Auto in Braunschweig an.

Als ich jemanden erreicht habe, rechts ran und Notizen machen, was ich alle mitbringen soll. Termin 23.10. , aber immerhin noch dieses Jahr.

Meine Firma schickte mich zum Betriebsarzt, der nach Wochen endlich mal offene Worte fand und mir sagte, daß ich in meinem Beruf auch mit einem Kunstknie nicht werde arbeiten können. Ich solle einen Reha-Antrag zur Teilhabe am Arbeitsmarkt stellen. Er hat ein-fach nur den MRT-Bericht gelesen.

Nun war die Krankmeldung wieder rum. Als zurück zur Hausarztpraxis.

Warum ich nicht eine Klinik nehme, in die der Hausarzt überweisen könne. Es sei zwar meine Entscheidung, aber ich könne ja nicht die ganze Zeit zuhause sitzen und das könne ja auch zum Beispiel Wolfsburg.

Das sagte der Arzt, der mir anfangs gesagt hatte, ich solle keinen Wald-und-Wiesen-Orthopäden wählen. Sein Vater hat ja auch zwei neue Knie und hatte doch gestern erst die Gartenlaube neu gedeckt.

Das ist fein, das habe ich schön öfter von Leuten aus dem Gesundheitssystem gehört, daß sie Verwandte haben, die super mit dem Kunstknie klar kommen.

Nur irgendwie kenne ich keinen in meinem Umfeld, der mit seinem Kunstnknie klar kommt oder wen kennt, der….Ich höre immer nur dieses panikliche: „Egal, was Du tust, kein Kunstknie!“ Und dann kommen die Geschichten von Mutter, Tante, Onkel…

Und in meinem direkten Umfeld ist auch keiner. Vera ist mit mir operiert worden und kann noch immer nicht Fahrrad fahren und schwimmen. Hocken und Knien geht auch nicht. Ilse mußte an einem Knie zweimal operiert werden, weil das Knie vom ersten Mal zu klein war. Frau Nordmann….und so ließe sich die Liste fortsetzen.

Ich meine: In Harzburg ist unten Kassenpatient und oben der Chefarzt, aber nach oben kommt man nicht. Liegt es vielleicht daran?

Nunja. C. sagte nur:“ Du nimmst Oberarzt Braunschweig und fertig.“

Gestern nun rief mich Frau B. vom Krankengeld von der AOK Niedersachsen an. Sie wolle sich nach meinem Befinden erkunden und fragte, warum der Termin im HEH in Braunschweig so spät sei. Warum er erst am 23.10.2018 sei.

BOAH!

Ich habe sie darauf hingewiesen, daß ich schon bei Antragstellung den MRT-.Bericht beigelegt habe. Ob sie den vielleicht einfach mal an den medizinischen Dienst weiter geben möge?

Kann man dazu noch irgendwas sagen? Irgendwas? Mir würde schon ein Attest reichen, daß ich diesen Job nicht mehr machen kann., weil ich ihn einfach nicht mehr machen kann. Das Knie ist instabil, leidet unter einem Druckerguß, ist dauerhaft schmerzhaft, verklemmt sich gern und ich nutze das Stöckchen mit den Smiley um das Gewicht vom Knie zu nehmen und als Halt, wenn es sich verklemmt. Dann rutscht nämlich die Kniescheibe raus, aber ich habe sie gelernt, sie wieder in Position zu klopfen.

Stöckchen und Putzwagen oder Stöckchen und Staubsauger sind schlecht. Ganz schlecht.

Danke , Gesundheitssystem. Danke.

 

 

 

 

17 Gedanken zu “Passierschein A 38

  1. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Es ist übrigens ein Irrglauben, wenn man denkt, dass ein Privatpatient besser behandelt wird, es scheint nur oft so. Knieprobleme sind wirklich blöd. Unglaublich, wo man dich überall hinschickt. 😐

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